Portfolio

Mit Abstand betrachtet, scheint mir die heute als etabliert geltende DDR-Fotografie selten Kunst im Widerstand, für die sie sich gemeinhin gehalten wird. Weit verzweigte Lebenswerke, wie sie zahlreiche Bildjournalisten hinterlassen haben, werden hingegen ohne genaue Kenntnis als staatsnah stigmatisiert und in ihrem Wert gering geschätzt. Hier bleibt noch einiges für die Kunstrezeption zu tun.

Wieder einmal gelang in bewährter Partnerschaft mit der Stiftung Ettersberg (Weimar und Erfurt) und der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (Berlin) eine Erweiterung des Spektrums in dieser Richtung: Diese Ausstellung widmet sich nun dem Oeuvre des Fotografen Peter Leske. Die Aufgabe erwies sich in Umfang und Qualität als besondere Herausforderung. Mehr als 3.000 Vintage- und Pressevergrößerungen und etwa 120.000 Negative waren nicht nur als einmalige zeitgeschichtliche Dokumente zu bewerten, sondern auch in großer Zahl als Werke der Fotokunst. 

Die Bilder Peter Leske werden für die Zukunft im Archiv der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur in Berlin verwahrt.

Vita

Frühe Arbeiten

Im Schaffen Peter Leske dokumentiert sich auch das Berufsbild des festangestellten Bildreporters, dass es heute so kaum noch gibt. Einige Anmerkung zur Arbeitsweise:

Keine Aufnahme dieser Ausstellung ist digital. Die meisten journalistischen Aufträge wurden in schwarzweiss mit Silberhalogenidfilmen fotografiert. Gedruckt wurde von einem kleinen Abzug von etwa 18 x24 cm Größe. Farbe kam als Negativmaterial und später als Dia-Umkehrfilm für Aufmacherfotos zum Einsatz. Hier standen den DDR-Illustriertenfotografen auch Kodakfilme in stark limitierter Zahl zur Verfügung, da besonders die geringe Empfindlichkeit und schlechte Farbqualität die Arbeit mit ORWO-Filmen einschränkte. In der Schwarzweissfotografie kam in der Regel der ORWO NP 27 zum Einsatz, der bei guter Entwicklung stabile Ergebnisse ermöglichte. Erstaunlich ist die Langlebigkeit des Silber-Negativs. Es konserviert sicher seinen Bildinhalt über Jahrzehnte, die Ausstellung liefert den besten Beweis dafür. Wir werden sehen, ob wir in einem halben Jahrhundert, über digitale Bilder gleiches sagen können. 

Die Qualität der Negative war sehr unterschiedlich. Die Bildjournalisten überließen die wichtige Arbeit der Entwicklung oft dem Großlabor des Verlages. Negative wurden als Rohmaterial betrachtet und nicht besonders pfleglich behandelt. Die Entwicklung unterlag starken Schwankungen. Für diese Ausstellung war es daher notwendig, viele Negative digital zu „restaurieren“. Dazu wird ein hochauflösendes digitales Duplikat hergestellt das in Photoshop „repariert“ und dann auf echtem Baryt-Fotopapier ausbelichtet wird. Alle Negative, die es erlauben, wurden in der Dunkelkammer im Direktverfahren vergrößert. Abzüge, die in unmittelbaren Dialog mit der Entstehungszeit vom Fotografen selbst entstanden, nennt man Vintage-Prints. In dieser Ausstellung finden sich viele. Sie sind mit …. gekennzeichnet. In dieser Ausstellung gibt es keine Inkjet-Ausdrucke. In Ausstellungen werden Sie gern in gespreizter Begrifflichkeit, etwa als „Artifical Print“ u.ä. bezeichnet,was die Minderwertigkeit  des Drucks gegenüber dem klassischen Silberbild kaschieren soll. Die Belichtung auf einem barytierten Rohpapier (Bariumsulfat für die Bildweiße)  direkt in eine in Gelatine eingebettete Silberhalogenidschicht, gilt  noch heute als einzig museumsechte Variante, auch wenn der Drucker leichter perfekte und wiederholbare Ergebnisse ermöglicht. 

Als Peter Leske zu arbeiten begann, war die Mittelformatkamera im Negativformat 6 x 6 cm Mittel der Wahl. Die quadratischen Bilder  demonstrieren deutlich, die spezielle Aura dieses Aufnahmeformats. Dominant war um 1960 die zweiäugige Rolleiflex. Im Osten wurde sie durch die Pentacon Praktisix ersetzt. Später kam die unverwüstliche schwedische Kamera Hasselblad aus Schweden zum Einsatz, jedoch nur für die Elite der Berufsfotografen staatlicher Medien. Für alle anderen blieb die Kamera ein unerreichbarer Traum. In den frühen Jahren erwiesen sich Praktica und Exakta-Varex Kleinbildameras aus Dresen (Negativformat 24 x 36 mm) noch als konkurrenzfähig. Nicht nur im Westen hatte die Kameraindustrie ab seit den 1970iger-Jahren den Anschluss verpasst. Auch in der DDR begannen japanische Pentax- und Nikon-Kleinbildkameras die Mittelformatkameras in den Eliteredaktionen abzulösen. Peter Leske verwendete beide Kamerasysteme, bevorzugte aber am Ende die Kleinbildkamera.

Mußestunden – im Auftrag frei

Lebenswende – Abgesang und Neuanfang

Ich bin seit einem halben Jahrhundert Fotograf, mit Bildern vertraut, und doch fühle ich mich, was die Malerei angeht, als Autodidakt. Es begann an einem grauen Novembertag. Mit Nitrolacken habe ich eine Sommerlandschaft „gegossen“, natürlich im Freien, denn die Bäume, Felder und Wiesen auf meinem Malgrund stanken mörderisch. Zwar versuchte ich mit einem Pinsel, Einfluss zu nehmen, zu gestalten, doch die Farben gehorchten mehr dem Zufall als mir, durchmischten sich schäumend und in bunten Blasen. So entstand eines meiner frühen Bilder, eine Landschaft bei Saalfeld, nicht mit einer Kamera aufgenommen. Das war 1978. Meine erste Darmkrebsoperation lag gerade ein Jahr zurück. Mehrere Monate durfte ich nicht fotografieren und ich begann mit Buntstiften meiner Kinder zu kritzeln. Das machte mir Spaß, bis ich genesen wieder auf Dienstreise ging. Zwar hatte mich der Alltag wieder, aber in mir arbeitete etwas. Nie wieder sollte ich die Stifte aus der Hand legen, meine Palette erweiterte sich hingegen um pastose und flüssige Acrylfarben. Es drängte mich in die Natur: Hiddensee, die geliebte Insel, wurde Thema meiner malerischen Annäherung. Im Ergebnis konnte ich dort 1997 im Heimatmuseum erstmals Malerei ausstellen. Meine journalistische Vergangenheit ließ mich jedoch nicht los und lenkte auch in Zeichnungen und Malerei den Blick auf die Welt. Es war die Zeit der Irakkriege, des Terrors, der nicht endenden Konflikte in Palästina, der Flüchtlinge und Naturkatastrophen, deren Echo sich nun in meinen Bildern fand. Selbstverständlich gehörten auch Frauenporträts und Akte zu meinen Themen. Das Weibliche wurde zu einem Schwerpunkt meiner Arbeit für Jahre, malerisch wie fotografisch, nun frei und im eigenen Auftrag.

Heute kann ich mich von der Fotografie lösen, vom Dokument und ihrer objektiven Komponente. Ich wage, was ich fühle, dann erlebe ich ein anderes Sehen, etwas Neues, eine andere Art der Kreativität. Und dennoch: Die Fotografie hat mich geprägt, gebildet und befähigt, mit Zeichnungen und Malerei Neues zu versuchen. Der Sucherblick prägte mein Formbewusstsein. Die Farben auf meiner Palette kamen überfallartig mit donnernden Rottönen über mich. Wie sanft dagegen empfinde ich mein Schwarz, mein Weiß und mein Grau der unzählbaren Fotografien. Nun bin ich gespannt, wohin mich die Reise noch führen wird.

Peter Leske, Juni 2021

Die Lizenz zu reisen – ich sehe was, was du nie siehst

Bau auf, bau auf – das verheißene Paradies

Gesellschaftstanz – saure Wochen, rauschende Feste

Selbst ist die Frau – gut in allem, für alles gut

Sie wollen die Ausstellung ausleihen?

Informationen zur Ausleihe der Fotoausstellung

Die Ausstellung wurde gefördert durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, den Thüringer Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen und die Stiftung Ettersberg.